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Was ist Solidarität?

Freitag, 16.06.2017, Forschen

Forscherinnen untersuchen Lernprozesse in der Freiwilligenarbeit am Beispiel der Flüchtlingshilfe

Als Ende 2015 große Fluchtbewegungen aus dem Nahen Osten Europa erreichten, reagierte die Zivilgesellschaft mit großer Hilfsbereitschaft. In kürzester Zeit wurde für die Grundversorgung der ankommenden und durchreisenden Menschen gesorgt. Warum engagieren sich Menschen freiwillig, welche Lernprozesse laufen dabei ab und welche strukturellen und politischen Bedingungen wirken auf dieses Engagement ein? Mit diesen Fragen beschäftigten sich Ao.Univ.-Prof. Dr. Annette Sprung und Dr. Brigitte Kukovetz vom Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft gemeinsam mit Rüdiger Tinauer, BA, in einer wissenschaftlichen Vorstudie. Ein Artikel erscheint am 23. Juni 2017 im online-Magazin „erwachsenenbildung.at“.  


Im Zuge der so genannten „Flüchtlingskrise“, in der Schlagwörter wie „Willkommenskultur“ große mediale Aufmerksamkeit erlangen, beobachteten die Forscherinnen und der Pädagogik-Absolvent in Österreich zunächst eine Welle an freiwilliger Unterstützung in selbstorganisierter Weise. Zahlreiche Initiativen wurden in kurzer Zeit auf die Beine gestellt. In Interviews mit Personen, die Schlüsselpositionen in selbstorganisierten Hilfsinitiativen innehatten, erfuhren die Forscherinnen mehr über die Beweggründe sich zu engagieren. „Meisten war es eine Kombination aus altruistischen und selbstbezogenen Motiven. Auch das Stichwort ‚historische Verantwortung‘ wurde oft genannt“, erzählen die Forscherinnen.


Mit zunehmenden Erschwernissen – Überforderung, Abgrenzungsprobleme, Hasspostings und direkten Beschimpfungen sowie einschneidenden Ereignissen wie jene in der Kölner Silvesternacht 2016 – kippte jedoch die Stimmung. „Wir konnten nach einiger Zeit sehen, dass die zuvor als sehr positiv empfundene Solidarität immer mehr zu einem Grund für Anfeindungen wurde“, schildern Sprung und Kukovetz. „Ein rein auf spontanem Mitgefühl basierender Impuls ist eine brüchige Basis für längerfristige Hilfestellung“, führen die Wissenschafterinnen weiter aus. Auch eine Generalisierung negativer Eindrücke auf alle „Flüchtlinge“, durch die mediale Berichterstattung teilweise forciert, seien in den Interviews als Auslöser für den Stimmungsumschwung erkennbar gewesen, so Sprung und Kukovetz. Gleichzeitig gelang es den Helfenden und den Hilfebedürftigen trotz großem Bemühen nicht immer, aus dem von vornherein bestehenden asymmetrischen Machtgefälle zwischen ihnen eine Begegnung auf Augenhöhe zu gestalten.


Dennoch gelangten Sprung, Kukovetz und Tinauer zu dem Schluss, dass freiwilliges Engagement rund um das Thema Flucht das Potenzial aufweist, ein produktiver Raum für gesellschaftspolitisch relevante Lern- und Bildungsprozesse zu sein. „Viele HelferInnen entwickeln ein kritisches, politisches Bewusstsein und werden angeregt, sich mit ihren Wertvorstellungen sowie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auseinanderzusetzen. Sie entfalten demokratische Kompetenzen, etwa in Bezug auf partizipative Verfahren oder Argumentationsfähigkeit, und weiten ihr Engagement in der individuellen Betreuung Geflüchteter oftmals auf weitere gesellschaftspolitische Kontexte aus.“ Wie Erfahrungen interpretiert und verknüpft werden, hänge von vielen Faktoren ab – etwa von persönlichen Wertvorstellungen und früheren Erfahrungen, aber auch von öffentlichen und medialen Diskursen und der Meinung nahestehender Personen, resümieren die Wissenschafterinnen weiter. „Die organisierte Bildungsarbeit reagiert auf die Herausforderungen, die im Rahmen von freiwilligem Engagement entstehen, und könnte in dieser Hinsicht auch noch mehr Begleitung anbieten“, sind die Forscherinnen überzeugt.

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